Chronik der Kgl. priv. Schützengesellschaft Langenzenn
Aus der Festschrift zur Fahnenweihe 1990
Entstehung und ältere Geschichte bis etwa 1870
Als Langenzenn in den Jahren vor 1361 zur Stadt erhoben wurde, mußte sie sich wie damals üblich, mit einer Stadtbefestigung umgeben. Türme, Tore, Mauern und Wälle brauchten eine gut ausgebildete und einsatzfähige Bürgerschaft, die Weib, Kind, Haus und Hof verteidigen konnten. Das übernahmen in der Regel die wehrfähigen Bürger, die sich zu Schützenbruderschaften, zu Heimat- oder Bürgerwehren oder in anderen Formationen organisierten. Alle befestigten Städte hatten einen derartigen Zusammenschluß wehrhafter Bürger. So kann auch in Langenzenn mit Sicherheit angenommen werden, daß die Gründung der Heimatwehr mit der Stadterhebung zusammenfällt, also in die Jahre vor 1361, als Langenzenn in alten Urkunden erstmals als „Unsere Statt zu Zenne“ erwähnt wird.
Irgendwelche Urkunden über eine gleichzeitige Gründung einer Schützenbruderschaft oder ähnlichen Vereinigung wurde bisher leider nicht gefunden. Auch ist die Beteiligung Langenzenner Bürger an einem Schießen in Windsheim im Jahre 1354, wie es Hauptlehrer Georg Meier in einer Festschrift aus 1954 erwähnt, nicht beweisbar. Trotzdem spricht viel für eine Gründung um diese Zeit, da auch in allen anderen Städten eine Bürgerwehr vorhanden war.
Erstmals urkundlich erwähnt wird das Schützenwesen in Langenzenn im Jahr 1477, als auf dem Schießplatz vor dem Oberen Tor ein großes Schießen abgehalten wurde, zu der viel Volk nach Langenzenn kam. Ein Hinweis darauf liegt in der Kugel der Wetterfahne auf dem Turm der Kirche.
Im Jahre 1565 nahm bei einem Schießen in Kitzingen eine Abordnung aus Langenzenn teil, unter Führung eines Balthasar Münch oder Mönch. In den Wirren der Bauernkriege und des Dreißigjährigen Krieges mußten sich die Schützen in der Heimatwehr wahrscheinlich sehr oft bewähren, doch ist darüber nichts erhalten geblieben. Langenzenn wurde häufig besetzt, gebrandschatzt, die Bürger vertrieben, zweimal dezimierte die Pest die Einwohner, so daß wahrscheinlich auch alle Unterlagen über die Schützen vernichtet wurden. Zum Ende des 17. Jahrhunderts gibt es in Langenzenn einige Hinweise auf die Schützen. Die älteste Scheibe, leider inzwischen vernichtet, stammte von einem Vogt Grienseißen, der von 1686 – 1714 + 1732 in Langenzenn amtierte.
Die damals geltende Langenzenner Schützenordnung wurde als mustergültig angesehen und von Markgraf Georg Friedrich am 25.7.1702 auch in Roßtal eingeführt. Außerdem wurde angeordnet, daß das Kastenamt Cadolzburg an die Roßtaler Schützen, „genau wie in Langenzenn“ jährlich einen „Schießvorteil“ in Höhe von 6 Gulden und 15 Kreuzern erhielt.
Der Hinweis des Markgrafen, „wie in Langenzenn“ zeigt, daß in Langenzenn, einer „gemauerten Statt“ das Schützenwesen schon zu dieser Zeit in voller Blüte stand. 1730 waren Langezenner Schützen in Obernzenn bei einem Preisschießen und gewannen einige Ellen Tuch für Hosen, damals ein sehr beliebter Preis. 28 Jahre später fand in Langenzenn ein Vergleichsschießen mit Heilsbronner Schützen statt. Auch hier ging es um Tuch für Herrenhosen.
Im Jahre 1806 wurde Langenzenn bayerisch. Die neuen Machthaber stellten eine Landwehr auf, die zwar mit den Schützen nichts zu tun hatte, aber leider die vor dem Oberen Tor gelegene Schießstätte in Besitz nahm. Daraufhin bauten sich die Schützen eine neue Schießanlage in der Lehmgrube vor dem Oberen Tor (heutige Kolbsschlucht mit Anwesen Ultsch), wie aus einem Stadtplan der Stadt Langenzenn aus dem Jahr 1827 hervorgeht. Die alte Schießanlage ist auf einem Kupferstich um das Jahr 1800 und auf einem Aquarell aus dem Jahre 1852 zu sehen.
Nachdem die Landwehr wieder aufgelöst wurde, konnten die Schützen ihre alte Anlage vor dem oberen Tor wieder übernehmen. Man baute sich dort ein neues Schützenhaus im Jahre 1864, das dann am 5. Juni 1865 eingeweiht wurde. Gleichzeitig stifteten die Frauen der Mitglieder eine neue Fahne, die noch heute bei Umzügen mitgetragen wird. Warum die vorhandene Fahne der Bürgerwehr nicht übernommen wurde, ist nicht bekannt. Diese befindet sich heute im Heimatmuseum Langenzenn.
Im Jahre 1870/71 wurde das Schießhaus während des Deutsch-Französischen Krieges als Lazarett eingerichtet und stand den Schützen nicht zur Verfügung.
Geschichte von 1870 – 1945
Nach Friedensschluß wurde der Schießbetrieb wieder aufgenommen. Außer den jährlichen Einnahmen und Ausgaben sowie den Neuwahlen ist in den Protokollen nichts Außergewöhnliches vermerkt.
Aufgrund von Beschwerden der Anlieger wurde im Jahr 1886 der Betrieb der jahrhundertealten Schießanlage eingestellt. Die Begründung des Kgl. Bezirksamtes waren fehlende Sicherheitsbestimmungen. Durch eine technische Absicherung wäre der weitere Betrieb möglich gewesen und auch genehmigt worden. Das Projekt scheiterte aber immer wieder letztendlich am Widerstand der Schneidermeisterswitwe Markert. Eine sich anbietende Möglichkeit, die Schießanlage auf die etwas weiter westlich gelegene Hirtenwiese der Gemeinde zu verlegen, scheiterte wieder beim Bezirksamt Fürth.
Eine mögliche Verlegung in das Franz-Reuther’sche Grundstück gegenüber dem Lindenturm (heutige Schießanlage ) konnte aus Kostengründen nicht verwirklicht werden.
Unter Führung von Christoph Walther wurde nun eine neue Anlage gesucht und im Reutgraben auch gefunden. Die Arbeiten konnten schnell abgewickelt werden. Auch die Finanzierung war gesichert. Am Sonntag den 12. August 1888 wurde die Schießstätte eingeweiht. Es muß keine großartige Anlage gewesen sein, die gesamten Kosten betrugen nur 808,24 M.
1889 löste sich die seit Ende des Krieges 1870/71 bestehende Zimmerstutzengesellschaft auf und trat geschlossen der Feuerschützengesellschaft bei. Im Jahre 1890 – also vor genau 100 Jahren – nahm die Gesellschaft auch die allgemeine Bayerische Schützenordnung an und konnte sich von dieser Zeit an „Königlich privilegiert“ nennen. Damit verbunden war die Verleihung einer eigenen Rechtspersönlichkeit, so daß eine Eintragung in das Vereinsregister beim zuständigen Registergericht nicht mehr notwendig war und ist.
Es bedeutete aber gleichfalls die Übernahme der Satzung der Hauptschützengesellschaft München und die Einführung eines Schützenkommissars, der die Interessen des Hofes und jetzt die des Staates zu wahren hat. Damit ist die Institution des Schützenkommissars ebenfalls 100 Jahr alt geworden.
Bis zum Jahre 1898 lief der Schieß- und Vereinsbetrieb normal, bis dann im Herbst das Schießhaus im Reutgraben abbrannte. Man vermutete Brandstiftung. Der Schaden kann nicht groß gewesen sein, denn nach Aufwendungen von 300 Mark ging der Schießbetrieb bis 1911 in der bisherigen Form weiter. Bereits 1909 faßte man den Gedanken an ein neues Schießhaus näher an der Stadt und man schmiedete Pläne. Im Jahre 1912 war es dann soweit. Unter der Leitung von Matthias Vogel als 1. Schützenmeister kaufte man nun doch das Reuthersche Grundstück am Lindenturm und errichtete darauf die neue, die fünfte Schießanlage in Langenzenn.
Das Grundstück kostete 2.000 Mark, die Bauarbeiten verschlangen 6.432,90 Mark. Herr Georg Klenk hat dazu ein Mitgliederdarlehen von 6.000 Mark zu 3 ⅓ % Zins zur Verfügung gestellt, Herr Hans Rühl gab weitere 1.000 Mark dazu. Mit einem großen Preisschießen wurde die neue Schießanlage am 10.7.1912 ihrer Bestimmung übergeben. Nach einem sehr großen Mitgliederzulauf von 1912 – 1914 unterbrach der 1. Weltkrieg abrupt die weitere Entwicklung. Der Schießbetrieb ruhte bis 1919, bis dann der neue Schützenmeister Christian Röthlingshöfer den Verein wieder nach oben führte. Man begann schon bald mit dem sportlichen Schießen. Zu diesem Zweck wurde eine Kleinkaliberabteilung gebildet.
In der Kolbschlucht hatte sich nach dem Krieg eine Zimmerstutzenschützengesellschaft gebildet, die sehr aktiv war und viele große Preisschießen durchführte. Der Schreiber dieser Zeilen hat sich dort sein erstes Taschengeld verdient. Warum diese Gesellschaft nach dem 2. Weltkrieg nicht wieder erstand (die Gemeinde hat das Schießhaus verkauft) ist nicht mehr zu klären. Jedenfalls erfolgte ein Übertritt in die Feuerschützengesellschaft nicht.
Seit 1934 ging den Schützen nicht mehr alles nach Wunsch. Die braunen Machthaber hatten auch das Schützenwesen gleichgeschaltet, so daß außer am Sportschießen kein großes Interesse mehr vorhanden war.
Im 2. Weltkrieg ruhte der Schießbetrieb vollständig. Zum Ende des Krieges traf die Kgl. priv. Schützengesellschaft Langenzenn ihr bisher härtester Schlag. Das Schießhaus wurde beschlagnahmt und einem aus dem KZ befreiten Flaschnermeister als Wohnung und Werkstatt zugewiesen, der verständlicherweise zum Schießsport alles andere als eine positive Einstellung an den Tag legte. Systematisch verbrannte er nach und nach alle vorhandenen wertvollen, zum Teil Jahrhunderte alten Schießscheiben, das gesamte Inventar und alle schriftlichen Aufzeichnungen, soweit sie sich im Schießhaus befanden. Auch alles andere, was nicht niet- und nagelfest war, verheizte er.
Bei der Wiedergründung im Jahr 1952 wurde das Schützenheim total verwahrlost vorgefunden. Mit wenig Geld, aber viel Idealismus wurde der Vereinsbetrieb aufgenommen und intensiviert.
Geschichte von 1945 bis 1990
Lange nach dem 2. Weltkrieg, erst am 28.4.1952 trafen sich die Schützenbrüder in der Gastwirtschaft Grau, um den bis dahin von der Besatzungsmacht verbotenen Schießsport wieder aufleben zu lassen. Vorher mußte man sich des Schießhauses selbst annehmen. Die Schäden aus den Jahren 1945 – 1949, als es als Wohnung zweckentfremdet war, mußten behoben werden. Bereits 1953 wurden 10 Luftgewehrstände angebaut, um 1954 das bis dahin größte Schießen in der Geschichte des Vereins durchzuführen. Wie schon vorab erwähnt, kann das damals durchgeführte 600-Jahr-Jubiläum des Vereins als nicht gesichert gelten.
Im Jahre 1955 wurde Georg Prechtl einstimmig zum 1. Schützenmeister gewählt. Langsam aber stetig wuchs der Verein, die Aufgaben wurden größer, der Platz im Schießhaus wurde zu eng und es war nach und nach die Rede von einem Neubau.
Unter Führung des 1. Schützenmeisters Georg Prechtl, tatkräftig unterstützt vom damaligen 2. Schützenmeister Rudolf Ziegler und den Mitgliedern, wurde eine moderne Schießanlage und drei vollautomatische Kegelbahnen sowie gastliche Räume erstellt. Nach 2 ½ jähriger Bauzeit konnte das Vereinsheim und die Kegelbahnen am 15.11.1967 eingeweiht werden. Die Schießstände selbst wurden am 21.7.1968 mit einem Preisschießen und Preiskegeln für alle Langenzenner Bürger und Schützen ihrer Bestimmung übergeben. Nun hatte der Verein 32 Luftgewehr-, 14 Zimmerstutzen-, 3 KK-Stände und eine behelfsmäßige Pistolenanlage. Die Kosten betrugen ohne Grundstück DM 322.430,–, die die Gesellschaft mit Hilfe von Zuschüssen und aus eigenen Mitteln erbrachte. 1969 legte Georg Prechtl sein Amt in die Hände von Rudolf Ziegler. Einstimmig und mit viel Beifall wurde Georg Prechtl zum Ehrenschützenmeister ernannt. 1970 wurde noch ein Jugendraum gebaut, der auch als Luftgewehrschießstand verwendet wird. Die Kosten betrugen DM 16.000,–.
Unter dem 1. Schützenmeister Paul Weimer, dem mit Georg Schneider ein hervorragender Planer und Baufachmann sowie mit Rudolf Ziegler ein bestens versierter Fachmann für die finanzielle Vorbereitung und Abwicklung zur Seite standen, wurde als Abschluß aller bisherigen Baumaßnahmen in den Jahren 1981 – 1983 ein moderner Bau angegliedert, in dem 10 neuzeitliche 25 m Pistolenstände untergebracht wurden. Der Aufwand für dieses Gebäude betrug etwa DM 238.000,–. Auch hier wurde mit Hilfe des Staates und der Kommune eine Eigenfinanzierung durchgeführt, so daß die Anlage bereits schuldenfrei ist. So steht die Kgl. priv. Schützengesellschaft im Jahre 1990 mit einer optimalen Schießanlage, mit gesunden Finanzen und mit einer Mitgliederzahl von 230 Schützen bereit, auch in Zukunft ihr Teil zur weiteren Entwicklung des Schießsports zu leisten.
Rudolf Ziegler